Zürich denkt um – wie die „E-Bike City“ Realität werden könnte

E-Bike City (Illustration: mattership.io)

Wie wollen wir in unseren Städten künftig unterwegs sein? Diese Frage ist angesichts von Klimakrise, Platzmangel und steigender Lebenshaltungskosten aktueller denn je. Eine eindrückliche Antwort liefert nun die ETH Zürich mit ihrer jüngsten Studie „E-Bike City – Designing Sustainable Streets“: Warum nicht einfach die Hälfte des Strassenraums für Velos und Fussgänger*innen reservieren?

Was zunächst radikal klingt, basiert auf fundierten Analysen und Simulationsmodellen. Die Studie zeigt, dass eine solche Umgestaltung nicht nur machbar, sondern sogar hoch effizient wäre. Der Verkehrsraum würde gerechter verteilt, CO₂-Emissionen sinken deutlich, und die Stadt wird lebenswerter – leiser, sicherer, gesünder.

Besonders interessant: Der Fokus liegt nicht auf einer „Velostadt um jeden Preis“, sondern auf einem neuen Gleichgewicht zwischen bestehenden Verkehrsmodi. Private Autos würden zurückgedrängt, aber nicht verbannt. Öffentlicher Verkehr und Mikromobilität sollen sich gegenseitig ergänzen, und durch clevere Umnutzung des Strassenraums entsteht ein völlig neues urbanes Mobilitätserlebnis.

Konkret bedeutet das: weniger Spuren für Autos, mehr Platz für sichere und durchgehende Velowege – idealerweise mit physischer Trennung vom motorisierten Verkehr. Viele Strassen würden zu Einbahnstrassen umfunktioniert, um Raum für Zweirichtungsradwege zu schaffen. Der Zugang für Lieferdienste, Rettungskräfte oder Handwerker bliebe gewährleistet, aber der Durchgangsverkehr würde aktiv reduziert. Die Studienautor*innen betonen zudem, dass eine Umgestaltung auch kurzfristig und mit einfachen Mitteln – etwa mit Farbe, Pollern oder temporären Lösungen – möglich sei. Was zählt, ist der Mut zum Testen.

Mehr Platz für Velos – aber wohin damit?

Die ETH-Forschenden zeigen: Der Umbau des Strassenraums in Richtung Veloverkehr funktioniert nur, wenn gleichzeitig genügend und geeignete Abstellmöglichkeiten für die Vielzahl neuer Fahrräder, E-Bikes, Lastenräder und Scooter geschaffen werden. Besonders an zentralen Orten – wie Bahnhöfen, Umsteigepunkten und Einkaufszonen – braucht es:

  • sichere, wettergeschützte Abstellanlagen,

  • mit hoher Dichte, also vielen Plätzen auf wenig Fläche,

  • flexibel skalierbar, um sich verändernden Bedürfnissen anzupassen.

Die Studie betont zudem, dass besonders hochwertige E-Bikes oder Lastenvelos einen höheren Schutzbedarf haben – gegenüber Diebstahl, Witterung und Vandalismus.

Design of an E-Bike City intersection: quelle: ETH Zurich

Temporär statt fix: Parkinfrastruktur muss mitwachsen können

Ein weiterer zentraler Punkt der ETH-Publikation: Städte sollten nicht starr und irreversibel umbauen, sondern flexible, skalierbare Strukturen schaffen. Gerade bei neuen Mobilitätsformen wie Mikromobilität ist heute noch nicht absehbar, wie stark, wie schnell und in welchen Stadtteilen sich diese entwickeln. Die Infrastruktur sollte darauf reagieren können.

Genau hier setzen Lösungen wie jene von V-Locker an – wenn auch in der ETH-Studie selbst nicht genannt. Die kompakten, modularen Velotürme können auf kleinster Fläche eine hohe Anzahl an Velos unterbringen, sind einfach versetzbar und benötigen keine langfristigen Tiefbauverträge oder Fundamentierungen. Das schafft Entscheidungsspielräume für Städte und Gemeinden: ausprobieren, testen, skalieren – oder wieder zurückbauen, wenn nötig.

Ein neuer Standard für urbane Mobilität?

Die ETH-Forscher*innen fordern nicht nur eine Umverteilung des Platzes, sondern auch eine neue Bewertung von Mobilität: Weg vom Fokus auf Autofahrzeiten, hin zu einer gerechten Betrachtung von Zugangsmöglichkeiten (Accessibility) für alle Bevölkerungsgruppen. Besonders profitieren würden laut Studie:

  • Stadtbewohner*innen ohne Auto,

  • Pendler*innen mit kurzen bis mittleren Distanzen,

  • und gesellschaftlich benachteiligte Gruppen, für die das Auto oft keine Option ist.

Das Ziel ist klar: Mehr Mobilität bei weniger Verkehr. Und das gelingt nur mit einem durchdachten Zusammenspiel von Verkehrsplanung, öffentlichem Verkehr und Infrastruktur für aktive Mobilität – inklusive Parklösungen.

Fazit

Die ETH-Studie E-Bike City zeigt eindrucksvoll: Zürich könnte den Wandel zur Velostadt nicht nur stemmen, sondern auch davon profitieren – ökologisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich. Doch dieser Wandel braucht die richtige Infrastruktur, um Realität zu werden.

Parkieren ist dabei kein Randthema – sondern ein zentraler Hebel für den Erfolg. Wer in einem urbanen Umfeld Fahrradmobilität ernst nimmt, muss auch das Abstellen ernst nehmen. Und das heisst: kompakt, sicher, flexibel – und bereit für Veränderung.

📄 Zur vollständigen Studie der ETH: E-Bike City – Designing Sustainable Streets

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